Medizin
10. Juli 2025

Vitamin D & Omega-3: Der Schlüssel um jung zu bleiben?

Lea Jäger

Die Suche nach Strategien, die gesundes Altern fördern, ist ein zentrales Thema moderner Präventionsforschung. Dabei richtet sich der Blick zunehmend auf sogenannte epigenetische Marker. Das sind messbare biologische Veränderungen, die Aufschluss über den tatsächlichen Alterungsprozess im Körper geben können. Eine kürzlich veröffentlichte Studie liefert nun neue Hinweise darauf, dass bestimmte Mikronährstoffe diesen biologischen Prozess beeinflussen könnten, allen voran Omega-3-Fettsäuren, möglicherweise auch Vitamin D.

Doch was bedeutet das überhaupt: „biologisches Altern“? In der Alternsforschung hat sich längst ein Perspektivenwechsel vollzogen. Statt sich nur auf das kalendarische Alter zu stützen, interessiert man sich zunehmend für sogenannte epigenetische Uhren. Diese basieren auf bestimmten chemischen Veränderungen am Erbgut, genauer gesagt: auf der DNA-Methylierung. Sie können anzeigen, wie „alt“ unser Körper auf molekularer Ebene wirklich ist, unabhängig vom Geburtsdatum. Und genau hier setzt die neue Studie an.

DO-HEALTH-Studie

Im Rahmen einer groß angelegten Untersuchung mit über 2.000 gesunden, älteren Erwachsenen (alle über 70 Jahre) wurden die Auswirkungen von drei Interventionen analysiert: Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und ein einfaches Heimübungsprogramm. Eine Teilgruppe von 777 Personen wurde besonders genau betrachtet. Bei ihnen wurde das biologische Alter über drei Jahre hinweg mithilfe mehrerer epigenetischer Marker gemessen. Die Dosierungen orientierten sich dabei an realistischen Empfehlungen: täglich 2.000 IE Vitamin D, 1 Gramm Omega-3 (bestehend aus DHA und EPA) sowie dreimal wöchentlich Bewegungseinheiten von je 30 Minuten.

Was kam dabei heraus?

Am deutlichsten wirkte sich die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren aus. Die epigenetischen Uhren, darunter moderne Marker wie GrimAge2 oder DunedinPACE, zeigten bei den Teilnehmenden, die Omega-3 erhielten, eine langsamere biologische Alterung. Der Effekt war zwar nicht riesig, aber messbar. Im Vergleich zur Placebogruppe entsprach der Unterschied etwa drei Monaten weniger Altern und das in einem Zeitraum von nur drei Jahren.

Vitamin D und Bewegung allein zeigten in dieser Analyse keinen vergleichbaren Effekt. Interessant war jedoch folgendes: Wurden die drei Maßnahmen kombiniert, war bei einem der Marker (PhenoAge) ein zusätzlicher Nutzen erkennbar. Das ist ein Hinweis auf mögliche Synergien.

Besonders spannend war auch, dass die stärksten Effekte bei jenen Personen auftraten, die zu Beginn der Studie einen eher niedrigen Omega-3-Wert im Blut hatten. Das spricht dafür, dass nicht jede:r gleichermaßen profitiert, sondern dass der individuelle Versorgungsstatus eine zentrale Rolle spielt.

Und was bedeutet das jetzt?

Zunächst ist es wichtig zu erwähnen, diese Studie liefert keine Wundermittel gegen das Altern. Drei Monate weniger Alterung in drei Jahren mögen auf den ersten Blick bescheiden wirken. Aber genau solche kleinen, stabilen Effekte sind es, auf die es in der Gerontologie ankommt. Wer es schafft, den Alterungsprozess auch nur geringfügig zu verlangsamen, könnte auf lange Sicht gesünder bleiben und das Risiko für altersbedingte Erkrankungen reduzieren. Des Weiteren sprechen die Ergebnisse für eine differenzierte, individuelle Supplementierung. Nicht jede:r braucht automatisch Omega-3-Kapseln, aber für Menschen mit niedrigen Werten könnte die Ergänzung durchaus sinnvoll sein. Gleiches gilt für Vitamin D, das zumindest in einer anderen Studie (insbesondere bei Mangelzuständen) ebenfalls mit einer langsameren epigenetischen Alterung in Verbindung gebracht wurde (Vetter et al., 2022).

Außerdem reihen die Ergebnisse sich in ein wachsendes Forschungsfeld ein, das zeigt, wie stark unser Lebensstil, etwa Ernährung, Bewegung oder Stress, die Aktivität unserer Gene beeinflussen kann. Dabei geht es nicht um Veränderungen im genetischen Code selbst, sondern um sogenannte epigenetische Modifikationen, also Schaltmechanismen, die Gene an- oder ausschalten. Studien zur Kalorienrestriktion haben beispielsweise bereits gezeigt, dass sich solche epigenetischen Muster durch bewusste Lebensstilveränderungen messbar verändern und damit auch die Geschwindigkeit des Alterns beeinflussen lassen (Hastings et al., 2024).

Wie so oft in der Forschung gibt es aber auch hier Einschränkungen. Die Analyse basiert auf nur zwei Messzeitpunkten, zu Beginn und nach drei Jahren, und es bleibt unklar, wie stabil die Effekte langfristig sind. Außerdem waren die Teilnehmenden sehr gesund und aktiv. Die Ergebnisse lassen sich daher nicht ohne Weiteres auf die allgemeine Bevölkerung übertragen. Und dennoch bleibt die zentrale Botschaft bestehen: Unsere Ernährung, Bewegung und Mikronährstoffversorgung beeinflussen nicht nur unser aktuelles Wohlbefinden, sondern möglicherweise auch, wie schnell wir auf molekularer Ebene altern.

Gesunde Alterung im Alltag

So faszinierend epigenetische Marker und molekulare Alterungsprozesse auch sind – in der täglichen Arbeit mit KlientInnen stellen sich oft grundlegendere Fragen: Welche Faktoren beeinflussen gesundes Altern tatsächlich? Und welche Stellschrauben lassen sich im Alltag evidenzbasiert beeinflussen?

Aktuelle Studien zeigen, dass gezielte Interventionen – etwa durch Supplementierung – durchaus Effekte auf zellulärer Ebene haben können. Ihr Nutzen entfaltet sich jedoch primär dann, wenn die physiologischen Grundlagen stimmen. Denn bevor Interventionen auf epigenetischer oder molekularer Ebene diskutiert werden, sollte die Basis gesichert sein – etwa durch:

Ernährung & Mikronährstoffversorgung

  • Eine ausreichende Versorgung mit Proteinen, essenziellen Fettsäuren, sekundären Pflanzenstoffen sowie Schlüsselmikronährstoffen wie Vitamin D, Omega-3, Zink, B12 und Magnesium bildet die Grundlage für Zellintegrität, antioxidativen Schutz, Stoffwechselstabilität und entzündungsmodulierende Prozesse.

Bewegung & körperliche Aktivität

  • Sowohl Kraft- als auch Ausdauertraining unterstützen den Erhalt von Muskelmasse, Herz-Kreislauf-Funktion und kognitiver Leistungsfähigkeit – zentrale Parameter für funktionelle Gesundheit im Alter.

Regeneration & Schlafhygiene

  • Eine ausreichende Schlafdauer (7–9 Stunden) sowie regelmäßige Phasen aktiver Erholung fördern die neurophysiologische Regeneration und tragen zur Stressresilienz sowie zur Regulation endokriner Systeme bei.

Mentale Gesundheit & soziale Einbindung

  • Soziale Interaktion, geistige Aktivität und ein ressourcenorientierter Umgang mit Stress wirken sich positiv auf Immunkompetenz, psychische Stabilität und neurokognitive Alterungsprozesse aus.

Prävention & individualisierte Begleitung

  • Regelmäßige Laborkontrollen, differenzierte Diagnostik und eine an individuelle Konstitution, Lebensphase und Belastung angepasste Lebensstilmodifikation sind essenziell, um funktionelle Defizite frühzeitig zu erkennen und ganzheitlich zu begleiten.

Professionelle Begleitung im Kontext gesunder Alterung sollte daher stets systemisch ansetzen: durch Stärkung der Basisfaktoren, kontinuierliche Verlaufsbeobachtung und gezielte Interventionen. So entstehen nicht nur bessere langfristige Outcomes – sondern auch mehr Lebensqualität, Vitalität und Widerstandskraft im Alltag.

Lea Jäger
Lea Jäger

Lea ist voller Bereitschaft, ihre Energie und Fähigkeiten in einem Umfeld einzubringen, das ihre Leidenschaft für Gesundheit, Forschung und Innovation teilt. Es liegt ihr besonders am Herzen, aktiv bei ihrer Arbeit zu sein, mit Menschen in Kontakt zu treten, Wissen auszutauschen und einen echten Mehrwert zu schaffen.

Sein Motto: 
Christian Kirchhoff
Christian Kirchhoff

Christian ist Teil unseres Research Teams und beschäftigt sich täglich mit wissenschaftlichen Arbeiten und Studien. Er interessiert sich für das „Warum“ – also die Argumentationskette - hinter den Dingen und bereitet aktuelle Daten für Trainer, Therapeuten und Ärzte so auf, dass ihnen der Transfer von der Wissenschaft in die Praxis gelingt.

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Quellen

Bischoff-Ferrari, H. A., Gängler, S., Wieczorek, M., Belsky, D. W., Ryan, J., Kressig, R. W., Stähelin, H. B., Theiler, R., Dawson-Hughes, B., Rizzoli, R., Vellas, B., Rouch, L., Guyonnet, S., Egli, A., Orav, E. J., Willett, W., & Horvath, S. (2025). Individual and additive effects of vitamin D, omega-3 and exercise on DNA methylation clocks of biological aging in older adults from the DO-HEALTH trial. Nature aging, 5(3), 376–385. https://doi.org/10.1038/s43587-024-00793-y

Hastings, W. J., Ye, Q., Wolf, S. E., Ryan, C. P., Das, S. K., Huffman, K. M., Kobor, M. S., Kraus, W. E., MacIsaac, J. L., Martin, C. K., Racette, S. B., Redman, L. M., Belsky, D. W., & Shalev, I. (2024). Effect of long-term caloric restriction on telomere length in healthy adults: CALERIE™ 2 trial analysis. Aging cell, 23(6), e14149. https://doi.org/10.1111/acel.14149

Vetter, V.M., Sommerer, Y., Kalies, C.H. et al. Vitamin D supplementation is associated with slower epigenetic aging. GeroScience 44, 1847–1859 (2022). https://doi.org/10.1007/s11357-022-00581-9

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